Reparieren verbindet Interview #2

21. Dezember 2020 | von Astrid Lorenzen
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Wer bist Du und in welcher Initiative/Werkstatt bist Du aktiv?

Mein Name ist Heinz Tschabrun und helfe im Repair-Café Hilpoltstein mit, wo ich die Projektgruppe 3D-Druck initiiert habe.

Kannst Du euch kurz vorstellen? Ort/Größe/Besonderheiten/Form

Wir sind ca. 30 Ehrenamtliche, und normalerweise führen wir monatliche Reparatur-Termine durch, plus Projektgruppen. Gerne würden wir uns zu einem Makerspace weiterentwickeln, aber mangels finanzierbarer Räumlichkeiten ist das bisher nicht gelungen. Die aktuelle Corona-Situation hat das Ganze zusätzlich erschwert. Dennoch steht bei uns, wie in Repair-Cafés üblich, die Hilfe zur Selbsthilfe im Vordergrund.
Selbermachen – das Vermitteln von Wissen und das Teilen von Technik. Angefangen vom Wissen, wie zuhause Defekte selbst behoben werden könnten, bis hin zum Selbermachen von Ersatzteilen. Das ginge in einem Makerspace natürlich wesentlich einfacher als nur mit einem monatlichen Repair-Café.
So richten wir uns auf einen zukünftigen Makerspace aus, und basteln an allem Möglichen rum, was unser derzeit eingeschränktes Umfeld so alles zulässt.

Wie setzt Ihr 3D-Druck für die Produktion von Ersatzteilen ein? Eigenen Drucker und Modelleur vor Ort/an Offene Werkstatt angeschlossen/mobiler Drucker/..

Mit der Landkreis-VHS haben wir einen starken Partner gefunden, der uns das Thema 3D-Druck in diesem Umfang erst ermöglicht hat. Aber auch das Landratsamt unterstützt uns aktiv.
So haben wir einen fixen Raum, wo sich 3D-Druck-Interessierte regelmäßig treffen und gemeinsam an Problemen arbeiten können.
Das Repair-Café hat keine eigenen 3D-Drucker. Die VHS stellt uns ihre 2 Drucker zur Verfügung, und die anderen Drucker im Verbund sind zuhause in Privatbesitz. Ins 3D-Modellieren wächst man rein. Keiner von uns konnte wirklich gut modellieren, aber mit jedem Fall werden wir erfahrener und es geht immer schneller von der Hand. Wir setzen 3D-Druck kontinuierlich und begleitend ein. Nur wenige Ersatzteile können tatsächlich während der Reparaturtermine fertiggestellt werden, sodass wir die einzelnen Fälle dann in unserer Projektgruppe weiter bearbeiten.                                                        

Seit wann setzt Ihr 3D-Druck ein?

Seit Oktober 2019.

Nenne ein Beispiel, wo der 3D-Druck die Reparaturlösung war. (Lieblingsteil)

Lieblingsfall? Der ändert sich wohl ständig, je nach Attraktivität der Aufgabenstellung.
 
Meine Lieblingsfälle sind jene, wenn gefragt wird „Ist sowas möglich?“, und wir trotz fehlender Praxis dennoch mit „Ja klar!“ antworten, nur weil es theoretisch möglich sein müsste. Dann setzen wir uns hin, grübeln nach und probieren rum, bis das Ersatzteil auch praktisch funktionierend umgesetzt ist.
Aktuell: Ein Kettenschutz für ein Motorrad Express Radex 200, Bj.1953. Das original Ersatzteil gibt’s nicht mehr, ist aus Gummi, zu groß für Standard-Drucker und wir kennen nur ein vollständig erhaltenes Exemplar aus dem Museum. Ein Kollege aus einem benachbart-en Repair-Café hat dieses Teil für sich privat angefragt, und so haben wir begonnen, gemeinsam nach einer praktikablen Lösung zu suchen. Mittlerweile hat er sich einen eigenen Drucker angeschafft und schlussendlich das Ersatzteil von A bis Z völlig selbständig erarbeitet und umgesetzt, und auch mit TPU 3D-gedruckt.Wir haben den Stein nur ins Rollen gebracht, indem wir ihn anfangs supported und mit ersten Probedrucken unterstützt haben. Das ist aktuell mein Lieblingsfall – einerseits aufgrund des nicht alltäglichen Ersatzteils, andererseits als tolles Beispiel, was aus der Anfangs-Frage „Ist sowas möglich?“ sich im Anschluss alles entwickeln kann. 3D-Druck ist in diesem Falle zwar die naheliegendste aber bestimmt nicht DIE Reparatur-Lösung, weil der Druck sehr lange dauert. Wir denken auch schon einen Schritt weiter und probieren dann noch eine 3D-gedruckte Gussform aus, um bei Bedarf einzelne Teile schneller und einfacher nachgießen zu können.

Dein Tipp an andere Repair-Initiativen oder Offene Werkstätten: 

Wie auch schon Anika (Repair Café BüzE, Interview 1) erwähnte: Vernetzung untereinander!
Durch Erfahrungsaustausch und Zusammenarbeit gelingt vieles einfacher und schneller, auch ohne CAD-Kenntnisse und sogar ohne eigene Drucker.

Ihr seid eine Reparatur-Initiative oder Offene Werkstatt, die auch auf 3D-Reparatur setzt, und wollt Eure Arbeit ebenfalls kurz vorstellen? Meldet Euch unter: 3d-reparatur@offene-werkstaetten.org

Fotos: Heinz Tschabrun