VOLLDABEI statt ausgegrenzt

06. Februar 2014
Neues

Ein kleines Stück Freiheit auf zwei Rädern: Beim Augsburger Projekt VOLLDABEI richten Flüchtlinge gemeinsam mit ehrenamtlichen FahrradaktivistInnen Gebrauchträder zum Eigengebrauch her. Dahinter stecken Holger und Susanne Thoma von Pareaz e.V., die sich seit Jahren in der Flüchtlingshilfe vor Ort engagieren.

Vorgänger des Projekts war im Sommer 2012 die Fahrrad-Recycling-Aktion VELO der Qualifizierungswerkstatt „Kette und Kurbel“. Die Idee stieß bei den Asylsuchenden auf eine riesige Nachfrage: kein Wunder, angesichts von 137 Euro Taschengeld wird aus einem simplen Drahtesel ein unschätzbares Transportmittel. Viele von ihnen kamen nach dem Ende der Aktion in die Augsburger Bikekitchen, um weiter an ihren Fahrrädern zu arbeiten. Die Selbsthilfe-Werkstatt war diesem Ansturm nicht gewachsen, schnell wurde klar, dass es mehr Angebote geben muss, bei denen Flüchtlinge und Nachbarschaft zusammenarbeiten.

VOLLDABEI setzt auf ein einfaches Konzept: Aus gespendeten Alt- und Schrotträdern entstehen funktionstüchtige Verkehrsmittel. Gemeinsam wird repariert und getüftelt, am Ende halten die Flüchtlinge das Produkt der eigenen Arbeit in Händen – ein Fahrrad und damit die Möglichkeit, sich zumindest im Stadtgebiet eigenständig zu bewegen. Für Holger Thoma zählt der langfristige Kontakt, der während des gemeinsamen Arbeitens zustande kommt. Oft benötigt es mehrere Sitzungen, bis ein Fahrrad verkehrstauglich ist.

Wer auch dazwischen schon mobil sein will, kann sich für vier Wochen ein Fahrrad ausleihen. Gemeinsam haben Flüchtlinge und Ehrenamtliche aus Spenden einen Pool an Roten Leihrädern aufgebaut. Die auffällige Farbe verschafft den NutzerInnen einen besonderen Vorteil: Gern wird bei Polizeikontrollen der Vorwurf erhoben, die Asylsuchenden seien unrechtmäßig zu ihrem Fahrrad gekommen. Vor solchen Verdächtigungen schützt das rote Rad, das sofort als Leihgabe des Projekts zu erkennen ist.

VOLLDABEI will Begegnungen zwischen AsylbewerberInnen und AugsburgerInnen fördern. Dabei macht sich Holger Thoma keine Illusionen: „Asyl und Flucht“, das sei ein Kontext, bei dem viele abwinken. Umso wichtiger sind die kleinen Erfolge, die das Projekt schon erreicht hat. Holger und Susanne Thoma stehen mit verschiedenen Wohnheimen in Kontakt. Eines davon ist die berüchtigte Unterkunft in der Augsburger Calmbergstr. 145 Männer wohnen in dem Haus unter katastrophalen Bedingungen – „Leben im letzten Loch“, nannte es die Süddeutsche Zeitung. Dort, im Gemeinschaftsraum der Caritas, konnte VOLLDABEI Ende Januar sein erstes Fahrrad-Reparatur-Café abhalten: bei Kaffee und Tee schraubten einige Männer an ihren Rädern – ein Lichtblick in der trostlosen Lebenswelt der Bewohner.

Unterstützung ist immer erwünscht, auch (Sach-)Spenden helfen weiter. Und wer mag, kann sich bei den Aktionen des Vereins engagieren – oder aber sich ein Beispiel am Konzept nehmen. Die InitiatorInnen stehen für Nachfragen gerne zur Verfügung.